Samstag, 18. Oktober 2014

Scandinavien Indian Summer Tour 2014/1

Unsere Indian Summer Tour 2014 beginnt mit diesem verheißungsvollen Namen der Erwartungen erzeugt. Erwartungen auf neue tolle Bilder mit phantastischen Farben. Das leuchtende Gelb der Birken, das leuchtende Rot der Vogelbeerbäume, das dunkle Grün der Kiefern und Tannen, das leuchtende Blau des Himmels und das leuchtende Weiß der Wolken. Gern möchte ich diese Erwartungen erfüllen. Leider in diesem Jahr wird mir das nicht ganz so gut gelingen. Der Sommer in Schweden war warm und geregnet hatte es nicht überall wie sonst in den letzten Jahren. Erste Anzeichen für einen Klimawechsel auch in Scandinavien?
Die Bäume wechselten in vielen Regionen diesmal von Grün in Braun und die sonst so überall mit ihrem strahlenden gelb leuchtenden Birken machten sich rar. Erst sehr spät regnete es in diesem Jahr.

Dafür wuchsen Pilze wie Unkraut, so dass man gar nicht wusste, welche man zuerst erntet.


Steinpilze am Wegesrand, eine leckere Mahlzeit.

Unser Rastplatz bei Rätan direkt am See 

Wo soll man anfangen und wo soll man aufhören?

Immer wieder gern wieder hier in Gubbhögen. Ein wundervoller Platz gleich in der Nähe bei unseren Freunden in Havsnäs dem Ausgangspunkt unserer Trekkingtour.

Der alte Schuppen am See

Dieses Jahr auf unsere großen Scandienavientour hatten wir unsere Highlights etwas anders gesetzt als die Jahre zuvor. Christian unser Sohn und Cassian unser Enkel wollten mit dem Flieger "hochkommen" und wir wollen eine Fjelltour in die Wildnis machen. Richtig weit weg raus aus der Zivilisation sollte es sein. Mehrere Varianten haben wir zu Hause durchgespielt. Vom fast ganz hohen Norden Kiruna und einer Tour auf den legendären Kungsleden in Richtung Süden sind wir dann doch auf eine für alle akzeptable Variante gestoßen. Meine Frau, die solche Touren nicht geht, bleibt mit einem Hund bei unseren Freunden in Havsnäs und der andere Hund kommt mit uns mit.
Christian und Sohn fliegen von Berlin bis Östersund, wo ich beide abhole und wieder hinbringe. Wir haben uns für eine schöne  Rundtour über 45 km ins Marsfjell entschieden. Vier Tage wollten wir unterwegs sein.


Das sind die typischen Häuser in Schweden. 

Unterwegs auf dem Weg nach Östersund um Christian uns Cassian abzuholen.
Es ist schon eine tolle Sache, man setzt sich in den Flieger und ist paar Stunden später in Scandinavien. Wir, mit Sack und Pack, sprich Wohnwagen brauchen 2 1/2 Tage bis wir bei unseren Freunden sind.



Christian und Cassian sind beide gut gelandet.

Auf dem überschaubaren Flughafen in Östersund warten alle ordentlich an der gelben Linie bis das eigene Gepäckstück kommt. Nur der Fotograf hält sich nicht an die Regeln.

Am nächsten Morgen brechen wir beizeiten auf. Von Havsnäs geht es über eine Schotterstraße bis zur Wildeness Road Vildmarksvägen und dann weiter Richtung Stekenjokk. Sicher hätte man auch eine etwas kürzere Route nehmen können, aber ich liebe diese Tour über die Berge und uns drängt keiner. Mittag erreichen wir Fatmomakke, der Name bedeutet „Platz, wo man sich umarmt“, eine alte Kirchenstadt der Samis, der Ausgangsort für unsere Tour. 


Erwartungsgemäß sind hier oben am Stekenjokk wieder viele Renntiere zu sehen.

Das Wetter soll für die nächsten Tage sehr wechselhaft sein. Nicht die besten Aussichten, im wahrsten Sinne des Wortes.

In Fatmomakke angekommen schultern wir unser Rucksäcke und machen uns auf die Strümpfe. Cassian mit seinen 9 Jahren hat seiner Statur entsprechend einen kleinen Rucksack mit Schlafsack, Verpflegung ( Nutella)  und Regensachen. Christian 37 und ich Ü50 tragen jeder ca. 16 kg. Das letzte mal, wo ich eine solche Tour gemacht habe, ist über 30 Jahre her. Ich bin ein bischen skeptisch, ob ich noch wie früher mithalten kann. Das erste Stückchen Weg führt uns gleich innerhalb kürzester Zeit 300 Höhenmeter aufwärts und ich bestehe meine erste Probe. Das geht also noch. Oben angekommen hat jeder Schnappatmung inclusive unserem Hund Istar.



Wir haben die Baumgrenze erreicht und legen die erste Pause ein.

Auch Istar hat seinen eigenen Rucksack und muss sein Futter selber tragen. Wir füllen Wasser in unsere Flaschen nach. 

Meine Eigenbaukraxe hat sich recht gut bewährt. Istar ist an einer Flexileine die am Tragegestell befestigt ist. Dadurch kann er ungehindert laufen und nichts ruckt an der Leine. 

Meine Ausrüstung die ich früher zu meinen Touren durch Rumänien benutzt habe, ist bis auf das Tragegestell nicht mehr brauchbar. Im Internet habe ich mir deshalb einen günstigen Rucksack bestellt, der erstens so groß sein muss, das alles rein geht und dann auch auf das Tragegestell meiner alten Kraxe passt. In einem Army Shop bin ich dann fündig geworden und habe mit einen Kampfrucksack bestellt.
Die Qualität war total enttäuschend. Manche Nähte waren einfach nicht richtig vernäht und es klaffte ein Spalt. Das Material selber war aber o.k. Dies war aber sicher dem günstigen Preis geschuldet. Für jemanden der den Rucksack für eine Trekkingtour benutzen möchte total unbrauchbar. Gut wenn man eine alte Singer-Nähmaschine zu Hause stehen hat. Nach dem Umbau, sprich Nähte auftrennen, Tragegurte entfernen, neue Riemen einnähen usw.,  habe ich dann zu Hause probepacken und probelaufen gemacht. Passt alles, wackelt nichts und hat Luft zum Rücken. Eine Hülle zum überziehen von Jack Wolfskin macht dann bei starken Regen alles Wasserdicht.


Unser erstes Lager. Istar war ebenfalls geschafft und hat sich`s erstmal gemütlich gemacht. Er wollte gar nicht mehr raus kommen, aber mit einem leckeren Bissen Hähnchen...


Vorn links am Feuer auf einem flachen Stein liegt unser Abendbrot. Cassian hatte die Aufgabe das Hähnchen regelmäßig zu drehen, damit es von allen Seiten warm ist. Das war ein lecker Abendbrot. Das war so groß, dass es für uns drei gereicht hat. Sogar Istar hat noch etwas abbekommen.

Am Vortag unsere Tour habe ich in Strömsund ein vorgebratenes eingeschweißtes Hähnchen gekauft. Eine gute Idee für ein leckeres Mal am ersten Abend in der Wildnis. Cassian der gern kokelt, bekam auch promt die Aufgabe das Essen warm zu machen. Was soll ich dazu noch sagen, das war das beste Essen auf der gesamten Tour.
Wir machten es uns am Lagerfeuer bequem und ließen so langsam den ersten Tag ausklingen. Der Wind rauschte durch die Blätter der Birken und das Feuer knisterte. Ab und zu hörte man noch einen Vogel zwitschern und es wurde langsam dunkel. Zeit zum ins Bett gehen.

Ich wünschte mir Nordlicht für die Nacht und einen Wolf der in der Ferne heult und so langsam fallen mir die Augen zu... 

Istar liegt neben mir und ich höre seinen leisen Atem und schlafe ein.


Frühstück vor dem Zelt.

Am nächsten Morgen hatte es sich so richtig  am Himmel zugezogen. Ich lag in meinem Zelt und kochte erstmal Kaffee. Christian hatte die Idee Kaffeepads mit zu nehmen. Ich habe es vorher zu Hause ausprobiert ob`s schmeckt, denn ich trinke zwei große Pötte am Morgen und da sollte dann auch nichts schiefgehen. Es ging nicht schief. Der Kaffee hat sogar besser geschmeckt als zu Hause. Ob es am Wasser liegt? 

Wir packten nach und nach alles zusammen und wollten heute über den Grat ins nächste Tal.
Nachdem wir uns am Anfang gleich verlaufen haben, da der Weg nicht mehr zu sehen war, hat uns unsere selber ausgedruckte Karte von 

http://kso.lantmateriet.se/?e=512115&n=7222203&z=8 Karte

sehr gute Dienste geleistet. Auf dieser Internetseite kann man in allen Vergrößerungen Karten auf das Handy runterladen oder ausdrucken. Das erspart den Kauf einer teuren Wanderkarte. Wir gingen bis zur letzten Stelle zurück, wo noch eine Markierung zu sehen war und fanden dann den Pfad und die roten Markierungen an den Bäumen wieder.



Über der Baumgrenze



Oben auf dem Grat angekommen. Im Laufe des Tages wird das Wetter wieder besser und es hört auf zu nieseln.

Nachdem wir die Baumgrenze hinter uns gelassen haben, merkt man den Wind immer mehr. Bei jeder kleinen Rast fröstelt man und wir entschließen uns etwas mehr anzuziehen. Hier oben auf diesen weiten Flächen liegen unzählige Renntiergeweihe. Cassian findet immer mehr und bekommt sie alle gar nicht mehr weg. Da hilft nur aussortieren - sehr schweren Herzens.


Dort unten am See liegt unser heutiges Ziel.


An Hand der Karte vergleichen wir unseren Weg und es geht bergab zur Blerikstugan.


Die Blerikstugan
Hier unten an der Blerikstugan wollen wir Mittag machen und dann weiter bis zu der kleinen Halbinsel am See laufen. Mitunter kommt es aber anders als geplant. Nachdem ich die Klinke der Eingangstür herunter gedrückt habe, geht von der Blerikstugan die Türe auf und wir stehen plötzlich in einem großen Aufenthaltsraum. Zwei Nachbarräume, die ebenfalls offen stehen, sind Schlafräume mit einmal zwei und einmal vier Betten. Ich schaue Christian an. Er schaut mich an und unser Entschluss scheint festzustehen. Wir übernachten hier. Istar hatte selbige Idee und lag schon in einem Bett. Unter Murren musste er sofort seinen Platz räumen. Es ist alles so eingerichtet, als ob gleich der Hauseigentümer wieder kommt. Neben dem großen Ofen ist eine Kiste voller Holzscheite, zwei saubere Eimer aus Edelstahl stehen zum holen für das Trinkwasser aus den nahen Bach bereit und in den Schränken sind Geschirr, Besteck, Töpfe Gewürze usw. 


Alles ist sehr zweckmäßig eingerichtet von den Schlafräumen, der Küche, dem Inventar bis hin zum Trockengestell über dem Ofen.

Nach zwei Tagen Anstrengung können wir uns hier waschen und Körperpflege betreiben.


Cassian beim Haare waschen. Er durfte dies drinnen machen.

Istar mit seinen Packtaschen.
Wir verließen die Hütte so wie wir sie vorgefunden haben. Im Schuppen neben der Hütte lagen genug Baumstämme. Mit Säge und Axt bewaffnet wurde ein Baumstamm zerkleinert und die Holzkiste in der Hütte wieder aufgefüllt. Diejenigen die nach uns kommen sollen sich auch heimisch fühlen wie wir. Im Winter treffen sich hier bestimmt auch einige Schneescooterfahrer...

Hier oben hat jeder sein eigenes Geweih.

Endlich wird das Wetter besser und wir können in der Sonne eine kleine Rast machen.

Mittlerweile hat jetzt jeder an seinem Rucksack Renntiergeweihe. Cassian möchte ein ganz großes mit in die Schule nehmen uns allen zeigen. Das kann ich gut verstehen. Meine erste selbst gefundene Elchschaufel habe ich auch ganz stolz mit auf Arbeit genommen und allen gezeigt.

Der Wind hat immer noch nicht nachgelassen uns wir suchen Schutz hinter einem großen Stein.

Was für eine grandiose Landschaft. Mir gefällt das weite Sehen.


Von Tag zu Tag werden die Rucksäcke scheinbar schwerer, obwohl das Essen immer weniger wird und drücken auf den Schultern. Letztendlich ist es eine Gewöhnungssache. Am Anfang geht es und am zweiten und dritten Tag ist es am schlimmsten. Nach einer Woche hat man sich daran gewöhnt. Christian hat nach der Tour gesagt, man merkt sonst nicht, dass man unterwegs war.

Weite Größe oder wie soll man dieses Land beschreiben in dem Europas größte Wildnis liegt?


Pause ... Papa ich muss mal!!!    Was nun?


Kurzerhand wurde dieser Stein in eine Toilette ungewandelt. Da wir zugegen waren, gab es erst einmal lauten Protest von Cassian und ich habe heimlich hinter einen Stein diesen Schnappschuss gemacht.



Der Wind wird einfach nicht weniger auf unserer Trekkingtour und da dient so manch großer Stein als Windschutz.


Zu dieser Jahreszeit ( September ) gibt es hier oben die ersten Nachtfröste und weiter oben, dort wo die Wolken beginnen, sieht man noch die Schneereste aus den Vorjahr liegen.



Und da ist sie wieder diese karge Natur und der weite Blick ins Land.


Die Kreuze für die Scooterwege werden wahrscheinlich bald aufgestellt werden.


 Renntierherden sowie kleine Gruppen von Renntieren sind auch immer in der Nähe halten aber großen Abstand zu uns.



Die Farbe Braun bzw. Rostrot dominiert hier alles in dieser kargen Landschaft.

Die Wolken sind nun höher und geben den Blick in diese überwältigende Landschaft immer mehr frei.

Eine willkommene Rast. Gerade gut genug um Mittag zu machen.

Überall an den Rastplätzen und Hütten liegt Holz um zu heizen oder wie wir hier sich ein Mittagessen zu kochen.

Uns sieht man so langsam die Strapazen der Tour an. Die vielen Kilometer fordern ihren Tribut.

Klein Cassian mit seinen 9 Jahren hat wunderbar mit uns mitgehalten, seinen Rucksack die ganze Tour selber getragen und ohne zu murren die ganze Strecke geschafft. Das ist bestimmt ein wunderbares Erlebnis das lange im Gedächtnis bleibt.



An der Hütte Marsfjällskotan.



Hier weiter unten sind die Farben etwas vielfältiger und auch etwas intensiver.

Christian prüft ob wir noch auf den richtigen Weg sind.

Von hier aus geht es zu einen Aussichtspunkt in einer Höhe von 1589 m. Der Gipfel ist in dichte Wolken eingehüllt.

Wir haben wieder die Baumgrenze erreicht.

Noch ca. 5 km und wir sind wieder in der Zivilisation.

Nun sind wir wieder im "richtigen" Wald und das Auto ist nicht mehr weit. Bis wir wieder in Havsnäs sind müssen wir noch 130 km zurücklegen. 

Das Ende unsere Trekkingtour am nächsten Morgen im Wohnwagen. Alle sind noch müde und erschöpft. Ich muss mich "hochreißen" um diese Bild zu machen.




2 Kommentare:

  1. Wow, dieser Blogpost ist ja einfach mal unglaublich. Man liest und sieht die Bilder und will es sich vorstellen und eben manchmal auch nicht. Da wird dein Enkel noch Jahre von berichten!
    Und für dich (als Blogger) gleich vorab die Nominierung von mir für die 'Belohnungsaktion' "TOP-5-POSTer" für diesen unglaublichen Bericht.
    Kuckst du da ;-)

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  2. Hej Heiner, welch wundervolle Idee. Drei Generationen auf Tour. Sicher nicht nur für den Jüngsten wird es unvergessen bleiben. Wie gut, dass ihr nicht auf einen Animateur angewiesen seid um Urlaub gestalten zu können. Danke dass wir an der Tour teilnehmen können, obwohl wir nicht selber in Schweden waren.

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